Haftung bei der GbR-Auflösung

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gehört zu den meist verbreiteten Gesellschaftsformen überhaupt. Die Gründung einer GbR gestaltet sich als überaus einfach, weil es dabei weder eines formellen Aktes noch eines Vertrags in schriftlicher Form bedarf.

Dies kann allerdings Fluch und Segen zugleich sein, denn in puncto Haftung können für die Gesellschafter erhebliche Gefahren resultieren und das nicht nur für den Zeitraum des Bestehens der Gesellschaft. Denn auch dann, wenn eine GbR aufgelöst wird, können noch immer Haftungsrisiken entstehen. Aus diesem Grund ist es ratsam, einen Auflösungsvertrag zu schließen, in welchem unter anderem Regelungen zur Haftung getroffen werden, damit die Abwicklung sowohl zur Zufriedenheit der Gläubiger als auch der Gesellschafter verläuft.

Außengesellschaft vs. Innengesellschaft

Hinsichtlich der Haftung muss zunächst ganz grundsätzlich geklärt werden, ob es sich bei der aufzulösenden GbR um eine Außen- oder eine Innengesellschaft handelt.

Die Außengesellschaft nimmt am Rechtsverkehr nach außen teil, wodurch sie Rechtsfähigkeit erhält und folglich eigene Rechte und Pflichten begründet. Die Innengesellschaft agiert im Gegensatz dazu nicht nach außen, sie geht keinerlei Rechtsbeziehungen mit Dritten ein. Typische Beispiele für solche Innengesellschaften sind etwa Wohn- oder auch Tippgemeinschaften.

Hieraus wird deutlich, dass sich insbesondere bei Außengesellschaften entsprechende Pflichten gegenüber Dritten ergeben, die bei der Auflösung der GbR eine entscheidende Rolle spielen.

Die beiden Begriffe dürfen allerdings keinesfalls mit dem Innenverhältnis und dem Außenverhältnis gleichgesetzt werden.

Denn unter dem Innenverhältnis ist das Verhältnis der Gesellschafter untereinander beziehungsweise der Gesellschafter zur Gesellschaft zu verstehen. Im Gegensatz dazu bezeichnet das Außenverhältnis das Verhältnis der Gesellschafter beziehungsweise der Gesellschaft gegenüber Dritten.

So gibt es bei einer Außengesellschaft sowohl ein Außenverhältnis etwa gegenüber Vertragspartnern als auch ein Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern.

Haftung im Außenverhältnis

Die Haftung im Außenverhältnis einer GbR bezeichnet also das Verhältnis der Gesellschafter beziehungsweise der Gesellschaft gegenüber Dritten zum Beispiel durch eine Kaufvertrag. 

Wie bei jeder Unternehmensform ergibt sich die Haftung durch vertragliche Verbindlichkeiten. Wachsam sollte man beim Thema Scheinhaftung sein, wenn ein bereits ausgeschiedener Gesellschafter haften muss, wenn es nach außen noch den “Schein” hat, er sei noch Teil der GbR (beispielsweise durch eine Briefkopf). Außerdem spielt der Haftungsumfang der GbR und der Gesellschafter eine Rolle.
 

Haftung für vertragliche Verbindlichkeiten

Für Verbindlichkeiten, welche durch einen Vertragsabschluss im Namen der GbR entstanden sind, muss die Gesellschaft haften. Solche vertragliche Verbindlichkeiten sind in der Regel Leistungserbringungen gegenüber Dritten. Dies können zum Beispiel die Herstellung oder Lieferung eines bestimmten Produkts oder auch eine Dienstleistung sein.

Aus vertraglichen Beziehungen erwachsen ganz selbstverständlich Pflichten, deren Nichteinhaltung zu mehr oder minder schwerwiegenden Vertragsbrüchen führt.
Entsteht dem Vertragspartner im Falle eines Vertragsbruches ein Schaden, kann es sogar passieren, dass die GbR Schadensersatz leisten muss. Solche Schäden erwachsen häufig dann, wenn beispielsweise ein gewisses Produkt gar nicht oder nur mangelhaft geliefert wird beziehungsweise eine Dienstleistung nicht innerhalb der vertraglich vereinbarten Frist erbracht wird.

Zudem kommt es nicht selten vor, dass ein Vertragspartner aufgrund eines Schadensereignisses Gewinneinbußen erleidet und dann kann es für die GbR und deren Gesellschafter durchaus prekär werden. Schließlich sieht das Gesetz vor, dass der sogenannte entgangene Gewinn vom Schadensverursacher ebenfalls zu ersetzen ist. Unter „entgangener Gewinn“ versteht der Gesetzgeber jenen Gewinn, der mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre, wenn der Schaden nicht eingetreten wäre. Wird das von der GbR zu spät, nicht oder bloß fehlerhaft gelieferte Produkt vom Vertragspartner beispielsweise zur Weiterverarbeitung in der eigenen Warenherstellung benötigt, können ihm folglich Verluste dadurch entstehen, dass er seine Produktion nicht weiterführen kann. Unter Umständen können derartige Schäden immense Größenordnungen annehmen und im schlimmsten Fall sogar die wirtschaftliche Existenz der GbR sowie der Gesellschafter bedrohen.

Da es jedoch bei der Auflösung einer GbR schnell zu solchen Eventualitäten kommen kann, wenn etwa die Gesellschafter im Eifer des Gefechts den Überblick über ausstehende Verpflichtungen verlieren, sollte die GbR-Auflösung keinesfalls auf die leichte Schulter genommen werden. Diese erfordert viel Geduld und Sorgfalt und lässt sich am besten mithilfe eines Auflösungsvertrages abwickeln.

Scheinhaftung beim Auflösen der GbR

Die Vertragspartner der GbR sollten möglichst zeitnah über die Auflösung der GbR in Kenntnis gesetzt werden, da es andernfalls in bestimmten Fällen zu einer „scheinbaren“ Vertretung der GbR kommen kann. Auch hierbei müssen die GbR sowie deren Gesellschafter in vollem Umfang haften, obwohl sie überhaupt nicht tätig geworden sind.

Wenn folglich jemand im Namen der GbR auftritt, obgleich er nicht befugt war, es aber so scheint, als sei er es, kann es zu einer Haftung sowie Verpflichtungen zur Leistung – beispielsweise die Bezahlung eines unerwünschten Kaufpreises – kommen. Das klassische Beispiel für die Scheinhaftung ist die Nutzung von Briefbögen der GbR, um Bestellungen in Vertretung der Gesellschaft vorzunehmen. Hierbei kann der Vertragspartner davon ausgehen, dass eine Berechtigung vorlag, wenn er nicht anderweitig informiert wurde.

Wer haftet und in welcher Höhe?

Für sämtliche Verbindlichkeiten, welche im Namen der GbR durch Vertragsabschluss entstanden sind, haftet die Gesellschaft unbeschränkt mit ihrem Vermögen.

Ferner stehen für solche Verbindlichkeiten ebenfalls die Gesellschafter persönlich und ohne Beschränkung mit ihrem Privatvermögen in der Verantwortung. So kann etwa ein Gläubiger statt der gesamten GbR lediglich einen Gesellschafter seiner Wahl auswählen und in vollem Umfang belangen. Allerdings hat der in Anspruch genommene Gesellschafter das Recht, von den anderen Gesellschaftern einen anteiligen Ausgleich zu verlangen. Die Gesellschafter haften dabei untereinander für gewöhnlich zu gleichen Teilen, es sei denn, sie haben im Gesellschaftsvertrag anderweitige Regelungen wie die Haftung gemäß unterschiedlicher Quoten getroffen. Derartige Vereinbarungen wirken jedoch nicht im Außenverhältnis Dritten gegenüber.

Hinsichtlich des Haftungsumfangs kann die unbeschränkte persönliche Haftung der jeweiligen Gesellschafter allerdings entweder auf einen gewissen Betrag begrenzt oder auch völlig ausgeschlossen werden. Die Rede ist von der sogenannten Haftungsbeschränkung. Diese wird indes nur wirksam, wenn die Beschränkung mit dem entsprechenden Vertragspartner individuell vereinbart beziehungsweise ausgehandelt wird. Aus Beweisgrünen empfiehlt es sich, eine solche Zusatzvereinbarung schriftlich festzuhalten. Wenn die GbR sowie die Gesellschafter nach außen mit dem Hinweis auf beschränkte Haftung auftreten, dann ist dieses Vorgehen unwirksam.

Weiterhin müssen sich Gesellschafter, die aus der GbR ausscheiden, darüber bewusst sein, dass sie abgangsbezogen für die bis zum Ausscheiden begründeten Verbindlichkeiten auch noch weitere fünf Jahre haften. Ähnliches gilt für Gesellschafter, die in eine bereits bestehende GbR eintreten. Diese werden ebenfalls für jene Verbindlichkeiten in die Verantwortung genommen, die vor deren Eintritt in die GbR begründet wurden.

Haftung im Innenverhältnis

Zumeist wird die Haftung im Innenverhältnis durch die Größe der Einlagen bestimmt. Dies kann unter Umständen zu komplizierten Rechtstreitigkeiten führen, die im Vorfeld ausgeräumt werden sollten.

Die Haftung im Innenverhältnis kann allerdings durch Vertrag oder Gesellschafterbeschluss modifiziert werden. Daher ist es wichtig, die Auflösung der GbR ernst zu nehmen. Immerhin ist eine Haftung mit dem eigenen Privatvermögen möglich.

Insbesondere im Falle sehr komplexer Geschäfte, bei denen eine Gefahr der Haftung besteht, ist es sowohl sinnvoll als auch existenzsichernd, sich von einem Anwalt beraten zu lassen.

Nachhaftung GbR-Gesellschafter

Eine GbR zu gründen, ist denkbar einfach, diese allerdings wieder aufzulösen oder deren Gesellschafterkonstellation zu verändern, kann ein schwieriges und finanziell gefährliches Unterfangen darstellen.

Risikoreich wird es für einen Gesellschafter vor allem dann, wenn er aus der Gesellschaft ausscheidet und die GbR von den verbleibenden Teilhabern weitergeführt wird. Denn ein Gesellschafter haftet auch dann noch für Verbindlichkeiten des Unternehmens, wenn er bereits aus diesem ausgeschieden ist.

Dies wird als Nachhaftung bezeichnet und im Handelsgesetzbuch in den Paragraphen 159 und 160 geregelt. Hiernach haftet ein Gesellschafter für die bis zu seinem Ausscheiden begründeten Passiva der GbR, sofern sie vor Ablauf einer Frist von fünf Jahren fällig sind und daraus auch Ansprüche gegen ihn festgestellt werden.

Kurz gesagt: Der Gesellschafter kann auch noch bis zu fünf Jahre nach Ausscheiden aus der GbR für Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verantwortung gezogen werden, sofern diese vor seinem Austritt begründet wurden.

In der Theorie klingen diese Regelungen recht einfach und unkompliziert. In der Praxis kommt es jedoch immer wieder zu Problemen, die vor allem mit der Fragestellung einhergehen, inwieweit welche Ansprüche als Altverbindlichkeiten anzusehen sind. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste in der Vergangenheit bereits eine Vielzahl derartiger Streitigkeiten verbindlich klären. Mit einem individuellen Auflösungsvertrag können Sie die Nachhaftung des ausscheidenden Gesellschafters abweichend von Paragraph 160 HGB im Innenverhältnis auf 3 Monate verkürzen.

Um zu verdeutlichen, welche Schwierigkeiten die Nachhaftung verursachen kann, sollen im Folgenden zwei Beispielfälle erläutert werden, über die der BGH zu entscheiden hatte:

Beispielfall Nr. 1: Mietvertrag-Verlängerung

Zwischen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, welche aus den Gesellschaftern A und B besteht, und einem Immobilieneigentümer wird ein befristeter Mietvertrag geschlossen. Vor dem Ablauf des Mietvertrages scheidet der Gesellschafter B aus der GbR aus, wobei das Geschäft von Gesellschafter A weiterbetrieben wird und das sogar über das im Vertrag vereinbarte Mietende hinaus, da der Vermieter der Vertragsfortsetzung nicht widerspricht. Drei Jahre nach Austritt des Gesellschaftspartners B gerät Partner A in Zahlungsschwierigkeiten, sodass er sieben Monatsmieten nicht mehr bezahlen kann. Nun nimmt der Vermieter den ehemaligen Gesellschafter B auf Zahlung der rückständigen Mieten in Anspruch.

Grundsätzlich haftet Gesellschafter B natürlich, da die fünfjährige Nachhaftungsfrist zu diesem Zeitpunkt noch nicht verstrichen ist. Fraglich ist in diesem Fall allerdings, ob die Nachhaftung auch dann greift, wenn ein anfänglich befristeter Mietvertrag nach dem Austritt eines Mitgesellschafters über die vertraglich bestimmte Frist hinaus fortgesetzt wird. Im vorliegenden Fall hat der BGH dies bejaht und seine Entscheidung damit begründet, dass die Fortsetzung des Mietvertrages infolge einer Verlängerungsklausel erfolgt ist und nicht durch den Abschluss eines neuen Vertrages. Somit steht Gesellschafter B für die ausstehenden Mietzahlungen in der Verantwortung.

Beispielfall Nr. 2: Namensweiternutzung des ausgeschiedenen Gesellschafters

Ein ehemaliger Gesellschafter wird von einem Gläubiger für Forderungen in Anspruch genommen, die aus einer Zeit resultierten, in welcher der besagte Gesellschafter schon aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgetreten war. Als Anhaltspunkt nimmt der Gläubiger dabei, dass der Gesellschafter auf dem Briefkopf der GbR noch immer als solcher benannt ist.

Während die Vorinstanzen den Anspruch des Gläubigers noch zurückweisen, da eine Nachhaftung laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) ausdrücklich ausgeschlossen sei, urteilt der Bundesgerichtshof gegen den Gesellschafter. Als Begründung gibt der BGH eine Rechtsscheinhaftung an, wonach der ausgetretene Gesellschafter weiterhin als Scheingesellschafter zu behandeln ist, weil er auf dem Briefkopf der GbR nach außen in Erscheinung trat.

Besonders kritisch ist dieser Fall insbesondere auch deswegen, weil der ausgeschiedene Partner seinen Mitgesellschaftern die Weiterverwendung seines Namens untersagt hat. Für den BGH ist jedoch ein einfaches Verbot nicht ausreichend. Vielmehr muss der Ausscheidende im Rahmen des Zumutbaren mit den richtigen Handlungen dafür sorgen, dass im Außenverhältnis ein Rechtsschein jeglicher Art, der ihn in die Stellung des Gesellschafters rückt, zerstört wird.

Praxistipps zur Vermeidung der Nachhaftung

Aus den dargestellten Beispielfällen lassen sich einige wichtige Tipps für die Praxis ableiten. So sollte ein Gesellschafter, der aus der GbR ausscheidet, stets die Auseinandersetzungs-Vereinbarungen mit den Altgesellschaftlern prüfen. Denn in diesen kann er genau verankern, welche Bestimmungen beispielsweise bei Vertragsverlängerungen gelten müssen. Darüber hinaus ist auch zwingend eine Regelung zur Namensweiternutzung vonnöten.

Unter Umständen kann ein ehemaliger Gesellschafter der GbR auch gestatten, den Namen weiterhin (vorrübergehend) zu nutzen. Dann sollte aber eine Freistellungsvereinbarung getroffen werden. Wird die Weiternutzung hingegen nicht gewollt und gestattet, muss der Ausgeschiedene bei widerrechtlicher Nutzung dagegen vorgehen und das im Notfall mit Hilfe des Gerichts. Denn nur auf diese Weise ist eine unbeabsichtigte Nachhaftung des ausgetretenen Gesellschafters zu vermeiden.

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